Diese Seite ist Gerhard Striegler gewidmet.

Das Kriegsgefangenenlager Le Codray bei Chartres
Depot 501

Schon im ersten Weltkrieg diente diese Einrichtung als Kriegsgefangenenlager für deutsche Soldaten.

Das Kriegsgefangenenlager Le Codray war ursprünglich eine Einrichtung der französischen Armee. Die sich auf dem Gelände befindlichen Holzbaracken wurden durch diese Gefangenen durch gemauerte Hallen mit Spannbetondecken ersetzt. Diese Hallen stehen auch heute noch auf dem Gelände. Zwischen dem Ersten und Zweiten Weltkrieg nutzte die französische Armee die Einrichtung als Lager.

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Während des zweiten Weltkrieges war die Einrichtung bis zur Okkupation durch die Wehrmacht eine Fliegerabwehrstellung. In den Hallen waren riesige Scheinwerfer auf Wagen installiert, die bei Luftangriffen in der Nacht auf Schienen aus den Hallen geschoben wurden um den Himmel nach Flugzeugen abzusuchen.

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Nach der Besetzung durch deutsche Truppen, diente das Lager als Gefängnis für Franzosen. Nachdem Chartres von amerikanischen Truppen genommen wurde, benutzten die Amerikaner das Lager als Kriegsgefangenenlager für deutsche Soldaten. Die Amerikaner übergaben das Gefangenenlager an die Franzosen. Mit dem Hissen der französischen Flagge verschlechterte sich das Essen schlagartig. Die Gefangenen wurden zu den verschiedensten Arbeiten herangezogen. 1947 entließ man alle noch gefangen gehaltenen Deutsche in mehreren Schüben in die Heimat

Kontrolldurchlass

Bis Ende der 90-er Jahr wurde die Einrichtung durch die französische Armee genutzt. Seit Anfang des 21. Jahrhunderts wird das Areal nicht mehr genutzt. Das Lager, anfänglich auf einer Fläche von 7,5 ha, nahm schließlich eine Fläche von 32 bis 34 ha ein und beherbergte 38.500 Gefangene, zum Vergleich, Chartres hatte damals ca. 27.000 Einwohner.

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Das Besondere am Kriegsgefangenenlager in Chartres besteht darin, dass es innerhalb seiner Mauern ein Priesterseminar gab. Das Seminar kam auf Betreiben von Abbé Rodhain, Abbé Le Meur sowie dem General zustande, der die deutschen Kriegsgefangenen befehligte. Abbé Franz Stock, der unbedingt erwähnt werden muss, bekam die Leitung dieses Seminars übertragen. Ursprünglich im Depôt 51 in Orléans wurde es am 17.08.1945 in das Kriegsgefangenenlager Dépôt 501 in Le Coudray verlegt, 2-3 Kilometer südlich von Chartres, untergebracht in Block 1. In diesem Block kann man auch noch heute nach Anmeldung einen Überblick über das Lagerleben bzw. das Leben der Seminaristen gewinnen. (Leider hat ein Ravefestival 2000 beträchtliche Teile der Einrichtung zerstört.) Nach der Verlegung hatte das Seminar 160 Seminaristen.

Die Verpflegung in dieser Zeit bestand aus 11 kg Kartoffeln und 3 kg Erbsen für 200 Menschen. Später bestand das Mittagessen hauptsächlich aus einer Wickensuppe mit Sojabohnenmehl. Am Morgen und am Abend gab es je eine Doppelscheibe Weißbrot. Im Winter 45/46 war es so kalt, und es stand so wenig Heizmaterial zur Verfügung, dass in der Nacht das Wasser der ausgeatmeten Luft der Gefangenen an den Decken der Hallen gefror und Eiszapfen bildete. Die Seminaristen nannten Ihren Schlafsaal „Eispalast“. Auf dreistöckigen Pritschen mussten die Gefangenen schlafen. In einem Schlafsaal befanden sich 2 Kanonenöfen.

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Die Gefangenen, zumindest die jungen Gefangenen erhielten im September 1945 regelrechten Schulunterricht, täglich 3 Stunden. Es gab auch ein kulturelles Leben im Lager, auf einer Bühne wurden Musikveranstaltungen und Theatervorstellungen gegeben, im März 1946 z.B. das Lustspiel „Die Feuerzangenbowle“, es gab in der Theaterhalle sogar eine Boxveranstaltung.

Das Leben im Lager war sicherlich kein leichtes, aber auch der Weg dahin war nicht einfach. Unterwegs wurde auf die Gefangenen von Brücken herab uriniert, Franzosen entleerten ihre Nachttöpfe auf die Gefangenen.

Sogar 16 jährige Jungen, die als Flakhelfer gedient haben, gerieten in Gefangenschaft.

Die Gefangenen wurden zu unterschiedlichsten Arbeiten eingesetzt. Sie mussten Minen räumen, arbeiteten in Autowerkstätten, in Bergwerken, oder dienten als Ordonanzen und Laufburschen französischen Offizieren. Es gab Gefangene, denen die Flucht gelang, indem Sie sich von ihrem Arbeitsplatz nach Hause absetzten.

Im Kriegsgefangenenlager starben 322 Gefangene durch Krankheit, Kälte und Hunger.

Die Härte der Gefangenenlager war sicherlich auch eine Antwort auf die Unmenschlichkeit, die in deutschen Konzentrationslagern und Gefängnissen Menschen zu Teil wurde, die sich gegen das Regime in Deutschland gewehrt haben, oder Menschen, die den Nazis einfach im Wege standen, weil sie nicht dem Menschenbild des deutschen Regimes entsprachen. Und doch gab es Menschen, die sich diesem Widersinn entgegenstellten. Dazu gehört auch Franz Stock, ein deutscher Priester, der das Priesterseminar im Kriegsgefangenenlager in Chartres leitete. Es soll nicht Inhalt dieser Internetseite sein, über Franz Stock zu berichten, es muss aber unbedingt auf ihn verwiesen werden. Franz Stock, deutscher Priester, der in Frankreich während der Besetzung tätig war, widerstand auf seine Weise einem unmenschlichem System und stand zum Tode verurteilten Franzosen auf ihrem Weg zur Erschießung bei. Nach der Befreiung Frankreichs erhielt er die Aufgabe, ein Priesterseminar für gefangene deutsche Theologen aufzubauen und zu leiten, das „Seminar hinter Stacheldraht“ im Gefangenenlager 501 in Le Coudray. Dreimal besuchte der apostolische Nuntius Msgr. Roncali, der spätere Papst Johannes XXIII, das Seminar.

Franz Stock fand seine letzte Ruhestätte in einer Kirche in Chartres.

Ruhestätte Ruhestätte Ruhestätte

Unabhängig davon ist Chartres eine Reise wert. Nicht nur, dass in Chartres die älteste und schönste Kathedrale Frankreichs steht, ist auch die mittelalterliche Innenstadt einen Besuch wert.

Kathedrale Kathedrale

An den Ufern der Eure errichtet, hat sich die Innenstadt ihren mittelalterlichen Reiz erhalten. Ein gekennzeichneter Rundweg vermittelt einen ausgezeichneten Überblick. Die Straße flussabwärts nach Jouy, St. Piat und Maintenon zeigt reizvolle Kirchen, Schlösser und eine Wasserbaukunst, was auch heute noch beeindruckt.

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